Istanbul-Konvention: Neues zivilgesellschaftliches Netzwerk fordert genügend Ressourcen für Kampf gegen Gewalt an Frauen* und Mädchen*

Seit April gilt in der Schweiz die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen* und häuslicher Gewalt. Über 40 NGOs und Fachstellen haben sich als Netzwerk Istanbul Konvention zusammengeschlossen und fordern eine konsequente, diskriminierungsfreie und inklusive Umsetzung dieses internationalen Übereinkommens.

Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* wie auch häusliche Gewalt sind in der Schweiz alltäglich: jeden Tag wird geschlagen, beschimpft, vergewaltigt, gedroht und diskriminiert. Die Schweiz hat sich nun zu umfassenden Massnahmen dagegen verpflichtet: So gilt seit April 2018 auch hierzulande die Europaratskonvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention).

Ohne Gleichstellung kein Ende der Gewalt

Die Istanbul-Konvention ist das neue wichtige Instrument zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen* und Mädchen* in der Schweiz. Sie benennt den fundamentalen Zusammenhang zwischen fehlender Gleichstellung der Geschlechter und Gewalt an Frauen* und Mädchen*, was vom Netzwerk Istanbul Konvention stark begrüsst wird: «Ohne tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter werden wir geschlechtsspezifische Gewalt niemals beenden können. Ungleiche Rechte führen zu ungleicher Behandlung und Gewalt – und umgekehrt», so das Netzwerk. Ebenfalls eine Stärke sei der ganzheitliche Ansatz der Konvention, der Verpflichtungen in der Prävention, in Begleitung und Schutz der Betroffenen, in der Strafverfolgung und in integrativen Politikansätzen mit sich bringe. Ein weiterer Vorteil der Konvention seien die klaren Verpflichtungen, so zum Beispiel eine 24h-Hotline, genügend Frauen*- und Mädchen*häuser-Plätze oder mehr Präventionsarbeit in der Schule.

Unterstützung und Schutz für alle

Die Mitglieder des Netzwerks fordern eine inklusive und diskriminierungsfreie Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz. Dies bedeutet, dass alle Betroffenen von Gewalt die gleichen Rechte und gleichermassen Zugang zu Unterstützung, Schutz und Strafverfolgung haben müssen. Zum heutigen Zeitpunkt ist dies in der Schweiz noch nicht der Fall, so sind beispielsweise viele Angebote noch nicht barrierefrei, es fehlt an einer adäquaten Unterstützung von Betroffenen sexualisierter Gewalt und Migrant*innen riskieren, ihr Aufenthaltsrecht zu verlieren, wenn sie sich aufgrund von Gewalt trennen.

Sorgfältige Analyse der Situation in der Schweiz als Basis

Das Netzwerk fordert  als ersten Schritt eine sorgfältige Situations- und Bedarfsanalyse von Bund und Kantonen unter Einbezug aller relevanten staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Auch müssen regelmässig genau aufgeschlüsselte aussagekräftige statistische Daten gesammelt und Grundlagenforschung über die Ursachen und Formen von Gewalt betrieben werden. Und nicht zuletzt ist eine unabhängige Monitoringstelle mit staatlichen und nichtstaatlichen Vertreter*innen für die Umsetzung unerlässlich. Das Netzwerk betont: «Zur Umsetzung der Istanbul Konvention braucht es uns – wir haben die Expertise und die Erfahrung. Wir arbeiten seit Jahrzehnten im Themengebiet und kennen die Herausforderungen gewaltbetroffener Frauen* und Mädchen*.» Damit die Istanbul-Konvention vollständig umgesetzt wird, brauche es neben den staatlichen Akteur*innen ein starkes und breit aufgestelltes zivilgesellschaftliches Netzwerk.

Breites zivilgesellschaftliches Netzwerk

Um eine tatsächliche Umsetzung dieser Verpflichtungen zu begleiten und politisch einzufordern, hat sich das zivilgesellschaftliche „Netzwerk Istanbul Konvention“ gegründet. Das Netzwerk setzt sich aus aktuell über 40 Organisationen und Fachstellen zusammen und will die eigenen langjährigen Erfahrungen in der Praxis und die Expertisen zu geschlechtsspezifischer Gewalt einbringen. An der heutigen Konferenz des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG zur Istanbul-Konvention mit rund 300 Vertreter*innen von Bund, Kantonen, Gemeinden und der Zivilgesellschaft stellte das Netzwerk sich und erste Forderungen vor.

Informationen unter: www.istanbul-konvention.ch.
Video des Netzwerkes mit Forderungen: https://www.youtube.com/watch?v=Huhl6wUHErY


Kontaktpersonen für weitere Auskünfte:

cfd – die feministische Friedensorganisation, Christina Klausener, Tel. 031 300 50 67, christina.klausener@cfd-ch.org
Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein, Susan Peter, dao@frauenhaus-schweiz.ch, Tel 044 440 37 69
FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, Rebecca Angelini, Tel. 044 436 90 09, rebecca.angelini@fiz-info.ch
NGO-Koordination post Beijing Schweiz, +41 77 461 12 04, info@postbeijing.ch
TERRE DES FEMMES Schweiz, Simone Eggler, Tel. 077 433 83 62, s_eggler@terre-des-femmes.ch